Von Omkretsen. 21 april 2005 Sydsvenskan TEXT: Björn Sjö
Die Tuchfabrik in Marieholm wird stillgelegt
Den 46 Mitarbeitern werden Arbeitsplätze in den Zweigniederlassungen in Boräs und
Kinna angeboten, aber die meisten sind tief im stidschwedischen Marieholm venvurzelt.
Marieholms Yllefabriks AB ausserhalb der nahegelegenen Stadt Eslöv wird stillgelegt.
Eine Epoche geht zu Ende. Die Fabrik hat mehr als hundert Jahre lang Stoffe produziert,
seit 1898. Die Konkurrenz der Niedrigkostenländer hat uns gestürzt, seufzt der
Betriebsleiter Nils Haglund und blickt hinaus über Marieholm vom Konferenzraum in
der vierten Etage. Er ist 64 Jahre alt, und hat hier 40 Jahre lang gearbeitet und sollte jetzt
ohnehin in Pension gehen. Er erinnert sich an die glorreichen Tage der siebziger fahre ,
als das Werk tiber 300 Mitarbeiter beschäftigte.
Am vorigen Tag hatte er die schwere Pflicht die zurückgebliebenen 46 Mitarbeiter zu
informieren, dass die Firma still gelegt wird. Wahråscheinlich am Ende des Jahres
fangen wir mit den Verhandlungen betr. der Schliessung an. Wir werden korrekt und
langsam abwickeln, verspricht Nils Haglund. Marieholms Yllefabrik mit dem Slogan
,,MARIFA", gelang es, die schwierigen fahre zu tiberleben, als die meisten Textilfabriken
ins Ausland verlegt wurden. Die Tuchfabrik bemühte sich um die Herstellung von
Uniformstoffen und anderen Nischenprodukten hoher Qualität. Die Maschinen wurden
während der Jahre erneuert. Die letzten fahre hat die Fabrik damit prahlen können die
letzte komplette Tuchfabrik im nördlichen Europa zu sein. Aber während den
vergangenen zwei Jahren ist der Eingang der Aufträge zurtickgegangen. Und ohne
Aufträge kann man nicht lange weiterarbeiten, stellt Nils Haglund fest. Die Tuchfabrik
hat Ende der 60er Jahre mit dem Almedahlskonzern fusioniert. Der Konzern hat
Fabriken in Borås och Kinna, welche sich spezialisiert haben auf hochwertige
Textilprodukte wie z.B. Airbags für Autos und Verdunklungsvorhänge. Wir anerbieten
den Mitarbeitern dorthin zu ziehen. Einige scheinen positiv zu sein, sagt Nils Haglund,
aber die meisten haben in Marieholm tiefe Wurzeln geschlagen. Der Vertreter der
Gewerkschaft, Göran Nihlén führt uns in der Fabrik umher.
In der Abteilung der Schlusskontrolle treffen wir einen der vielen Veteranen. Als ich 16
Jahre alt war kam ich hierher, d.h. vor 40 fahren, erzählt Eva Persson. Sie hat während
all der Jahre in derselben Abteilung gearbeitet, und hat keine Ahnung was sie jetzt tun
soll. Ich möchte aber gern in einem Stoffgeschäft arbeiten. In einer anderen Abteilung
arbeitet die 29-jährige Ann-Helen Gutkind an der Kettenschermaschine in welche 5.500
dünne Fäden eingegeben werden. Im April bin ich 10 Jahre hier gewesen. Dies war
meine erste Arbeit nach der Schule. Hier zu arbeiten war gut und nahe, sagt Ann-Helen Gutkind. Sie nimmt an, dass sie sich jetztweiterausbilden muss in der Schule für Erwachsene. Im Hem der Fabrik in der Weberei, dröhnen die Maschinen. Einige Weber
bedienen eine grosse Anzahl von Webstühlen. Die Fabrikation scheint unglaublich
effektiv zu sein. Leider haben die Löhne doch nicht mitgehalten, unterstreicht Göran
Nihlén von der Gewerkschaft. So ist die Lage in einer Krisenbranche. Der Grundlohn
beträgt 14.000 Kronen plus verschiedene Zulagen für Schichtarbeit etc. Göran Nihlén
erklärt, dass der Rundgang in der Fabrik uns nicht die ganze Wahrheit betr. dieses
Schicksalstages zeigt. Die Traurigkeit der Menschen ist in ihrem Inneren. Die
Enttäuschung kann nicht mit Worten erklärt werden.
Der Färbermeister, Karl- Heinz Kaiser, 62-jährig legt seine Worte nicht auf die
Goldwaage. Der Untergang der schwedischen Textilindustrie beruht auf die
Vernachlässigung und Nachlässigkeit besonderes seitens des Staates, meint er. - Alle
Bäckereien in Schweden werden doch nicht still gelegt, nur weil es billiger ist in Polen zu
backen? Karl-Heinz Kaiser meint, dass der schwedische Markt gross genug sein würde
für eine einheimische Textilindustrie. - Wir sind ja neun Millionen Menschen. Wir
brauchen Kleider vom ersten Lebenstag an, ungeachtet wo wir uns befinden. Das
Argument, dass andere es billiger produzieren können und dass Schweden auf mehr
technische Sektoren setzen muss, weist er ab. - Neue Textilmaschinen sind zehn Mal
mehr Hightech als ein Mobiltelefon. Eine moderne Strumpfmaschine ist das reinste
Wunder, sagt der Färbermeister lyrisch und beklagt, dass der Schwede nicht versteht,
seinen Binnenmarkt zu schiitzen.
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